Pilgern

Pilgern hatte ich für mich nie so auf meiner Liste der Dinge dich ich mal machen möchte. Bis eine Freundin aus Luxemburg, eine solche Buspilger ligth Tour als Reiseleitung anbot.  Also so mit Gepäcktransfer, ein Bus der uns begleitet,  gebuchte Hotels und so.  Ja und dann sollte die Pilger Reise  genialer weise über meinen 50. Geburtstag sein. Pilgern ligth über den 50., genial dachte ich und habe mich gleich  angemeldet.

Es kam aber dann doch anders. Die Reise fand mangels Teilnehmer/innen nicht statt .Nun war ich aber angestochen von der Idee und hatte ja auch schon Urlaub eingereicht, in der Klinik und der Familie.  Also durchstöberte ich das Internet, war in verschiedenen Reisebüros. Eine organisierte Gruppe für den Termin war nicht zu finden. Nach längere Suche  fand ich die Organisation ASI Reisen. Sie bieten individuelle Touren weltweit an, mit vorgebuchten Hotels, Gepäcktransfer, Tour Beschreibung etc. Also suchte ich nach einer Tour die so um die 10 Tage dauern sollte und möglichst 20-25 km am Tag.  Da fand ich nur eine, den nördlichen Jakobs Weg. Der sollte es dann sein. 6 Tage 20-25 km, nicht so überlaufen und landschaftlich sehr schön.  Nur dass mit dem Wetter,  also das Galicien für sein unbeständiges Wetter bekannt ist, wurde nicht erwähnt. 

Auf meinem Vision Bord für dieses Jahr stand,  ,,Gehe in die Stille,,

Das sollte auch so kommen in den ersten 4 Tagen ist mir unterwegs niemand begegnet. Keine anderen Pilgerer, Einheimische wenn nur aus der Ferne,  dafür aber viele Hunde und Kühe.

Die Landschaft erinnerte mich stark an Irland, so herrlich sattes Grün und viel Moss. Ja wie gesagt das Wetter zeigte mir warum es in Galicien so wunderschön grün ist. Von den 6 Tagen hat es 4 Tage geregnet an zweien ohne Unterbrechung.

Da kann man sich bestimmt meinen inneren Dialog vorstellen.

Meine innere Kritikerin fing aber schon vor der Reise an ihre Kommentare immer wieder einzuwerfen.

Ich muss dazu sagen, dass ich noch nie alleine in einem Land unterwegs war dessen Sprache ich nicht spreche. Und wie ich gehört habe die Spanier auch nicht so im Englisch bewandert sind. Nicht dass ich das wäre , aber ich stellte für  mich fest, das ich mit Englisch hier nicht weit komme. Der Google Übersetzung auch keine wirkliche Hilfe ist . So übersetzte er mir in der Apotheke, wie ich später herausfand, anstatt Blasen Pflaster ,, Bodenblasen,, .

Also bewegte ich mich hier komplett außerhalb meiner Komfort Zone.

Kurz bevor ich in den Flieger nach Spanien einstieg, brüllte es  in mir ,,Was soll das, wem willst du was beweisen. Hop egal was du schon bezahlt hast, deine Lieben brauchen dich zu Hause.´´ Selbst im Flieger als es kein Zurück mehr gab:

,, Es ist doch echt schwachsinnig, Stefan fährt dich 150 km zum Flughafen, du fliegst über 1000 km um dort mit dem Bus 120 km zu fahren um sie wieder zurück zu laufen.  Und was hat das bitte für einen Sinn? ´´

Zum Glück wusste meine Liebe noch nicht das es fast nur regnen wird, es auch schneit und es morgens auch schon mal minus Grade haben wird.

O.K. meine liebe Kritikerin, es ist schon verrückt.  Davon abgesehen das es nicht nachhaltig ist. Nächstes Mal laufe ich von zu  Hause los.

Da ich erst am Montagabend in Santiago de Compostela angekommen bin, ging es dienstags dann um die Mittagszeit mit dem Bus zu meinem Ausgangspunkt  Vilalba. Also auch hier noch eine Nacht bevor es dann mittwochs zu Fuß zurückging.

Mit dem Navi konnte ich die Hotels gut  finden. Da fragte ich mich ja schon das ein oder andere Mal, wie das so ohne Handy früher ging.

Mir hat es auf jeden Fall etwas Sicherheit gegeben . Also meine Kritikerin hat da nichts sagen können,  hat ja funktioniert, sie hat nur ab und an das Wort an Miss Zweifel abgegeben. : Oh je ob wir den Busbahnhof finden, in den richtigen Bus einsteigen,  richtig aussteigen. Ja es war doch eine sehr spannende Erfahrung solange ich es schaffte mich zurückzulehnen und all diesen Dialogen in mir zu lauschen. Die sonst wohl eher im Alltags tun untergehen und ich sie nicht so klar hören kann wie in diesen 10 Tagen.

Ach ja ich habe sie gefunden, die Stille in mir, wenn es auch erst einmal gedauert hat . So gab es den Moment bei Km 10 im Dauerregen, wo alles still war in mir. Ein Moment wo es kein Zweifel, kein Genörgel gab.

Doch als nach 25km klar war das ich  den Abzweig zum Hotel verpasst hatte, mein Akku vom Handy leer war, niemand das Hotel kannte. Ich nass war bis auf die Haut, das Wasser in den Schuhen stand.

War es vorbei mit der Stille.  Es rief ganz laut in mir:´´Ich will nach Hause``

Ich war voller Verzweiflung und fühlte mich allein und verlassen. Alle Brüllen in mir so laut und durcheinander das ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Dann war da der eine Atemzug, der für einen kleinen Moment das Durcheinander in meinem Kopf unterbrach.

Ich einen Unterstand fand und mich hier erstmal für ein paar bewusste Atemzüge hin gesetzt habe. Mit jedem Atemzug wurde ich ruhiger und konnte dann auch wieder auf meinen klaren Geist zugreifen: ,, Nasser wirst du nicht mehr, erstmal power Bank raus, Handy dran, in das Navi die Adresse des Hotels eingeben, und je nach dem Laufen oder da vorne in der Bar dir ein Taxi rufen.

2 Km hm das klingt machbar, das schaffst du auch noch. Aber nach 7 Stunden Dauerregen, erschöpften nassen Füßen können 2 Km ein sehr weiter Weg sein. Als dann das Ortschild wieder auftauchte also ich wieder aus dem Ort raus laufe, wurden meine inneren Stimmen wieder laut. Sie redeten alle durcheinander : ,, Ich habe dir von Anfang an gesagt,  was soll das bringen. Das hast du jetzt davon. Das Hotel finden wir nie, das gibt es gar nicht. Du bist im falschen Ort….. Phu, ein Schild  auf der anderen Straßenseite mit  dem Name des Hotels  und nach ein paar Meter war es zu sehen.  Miss Zweiflerin blieb auch im Hotel noch eine Weile : ,, Mit nassen Schuhen kannst du morgen nicht weiter laufen, wie sollen die bis morgen trocken werden, das ist unmöglich.´´

Nach einer heißen Dusche, trockenen Kleidern etwas zu essen und der Gewissheit alles wird trocken, ( sie hatten einen extra Raum mit Schuh Gebläse)  wurde es wieder Still in mir.

Ab dem 5 Tag war ich nicht mehr allein auf dem Camino, da hier wohl mehrere Wege sich vereinen. Nach 4 Tagen des allein Laufens fühlte es sich gut an, aber anfangs viel es mir schwer meinen eigenen Rhythmus zu finden. So musste ich mehr auf mich lauschen um mein Tempo zu behalten, nicht hinterherzurennen oder langsamer zu gehen.

Ja wie im Leben auch . ,, Gehe deinen Weg und nicht den Weg eines anderen.´´ Gehe dein Tempo und nicht das Tempo eines anderen.

Nach 6 Tagen und 120km bin ich mit gefühlt noch 100 anderen auf dem Platz vor der Kathedrale in Santiago de Compostela angekommen und ich muss gestehen es war  sehr bewegend. Es löste in mir ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit aus. Ich war ja eine Woche vorher von hier gestartet somit stand ich schon mal hier auf diesem Platz.  Aber da war ich nur eine Touristin, habe das Gebäude bewundert und mich daran erfreut. Aber eine Verbindung zu all den Pilgern die an diesem Tag ankamen habe ich  nicht gespürt. Sollen also diese 120 Km mich mit all den Menschen verbunden haben?  Weil wir alle mit einer Intension hierher gelaufen sind? Wie in der Meditation die uns trägt wenn wir wissen das wir nicht alleine sind, das zur selben Zeit an vielen Orten Menschen gerade mit uns Meditieren.

Ach ja und ab 100 Km sagt man bekommt man alle Sünden die man bisher begangen hat erlassen.  Ob das für alle gilt? J

Zu Hause wurde ich immer wieder gefragt, ob ich es noch einmal machen würde, und wenn ja warum, was hat es dir gebracht?                                                                  Definitiv ja, aber ohne vorgebuchte Hotels, so bin ich freier.  Ja und echt von zu Hause aus. Hier in der Pfalz gibt es ja auch einen Jakobsweg. Oder einfach eine Mehrtageswanderung  in Deutschland soweit die Füße tragen.                                    Was hat es mir gebracht?: Es ist für mich wie ein schweige Retreat gewesen, nur das ich für mich schneller mit meinen Antreibern, Miss Zweifel meiner lieben Kritikerin , vermeidlich unangenehmen Emotionen in Kontakt gekommen bin. 

Bei einem Schweigeretreat bin ich erst einmal in meiner Komfort Zone: Sprache spielt keine Rolle,  Aufstehen – Essen – Meditation – etc. Ist alles getacktet. Mediation  kenne ich, da meldet sich meine inneren Stimmen nicht schon bevor es beginnt. Sie kommen erst dann wenn meine Knie schmerzen, Meinem Geist langweilig wird…

Jetzt im Nachhinein kann ich sagen, dass der Regen ein Segen war. So war ich unter meinem Regencape sehr schnell mit mir und konnte allen  in mir lauschen. Was ich im Alltag nicht so klar hören kann oder will.

Wenn ich jetzt so  Revue passieren lasse und es aufschreibe, spüre ich dass ich daran gewachsen bin. Ein Stück  mehr ins Vertrauen komme, Vertrauen zu mir selbst. Das auch wenn ich als MBSR- Yoga-Meditations Lehrerin um vieles weis und praktiziere. Ich mich jetzt da ich aus meiner Komfortzone ein wenig herausgetreten bin,  mich freie fühle, weiter, offener.

So lade ich dich ein einmal bei Dir zu schauen,  wo du aus deiner Komfortzone heraustreten kannst.

Das muss ja nichts großes sein. Vielleicht etwas zu tun, was du noch nie gemacht hast, dir vielleicht schon immer gewünscht hast,  dich nur noch die getraut hast.  Oder du denkst dafür keine Zeit zu haben.

Trau dich und mal ehrlich Du hast die Zeit. Erlaube es dir, und wenn du magst Teile mit uns deine Erfahrungen lass uns teilhaben und sei eine Inspiration für dich und andere.

 In Verbundenheit Ela

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Iris (Sonntag, 28 April 2019 18:03)

    Liebe Manuela, danke für diesen herzerfrischenden Reisebericht.
    Ich habe einige Male herzlich gelacht und konnte gut mitfühlen.
    Mutig, dass Du Dich getraut hast und die Belohnung war groß.
    Alles Gute für Dich. Grüße Iris.